Bestätigt die Kirchengeschichte die „Zeichen und Wunder“-Bewegung?
Besonders seit dem Aufkommen der „Toronto-Bewegung“ (in Toronto und Pensacola), aber auch schon zu Beginn der 3. Welle haben die Anhänger dieser Bewegungen immer wieder darauf verwiesen, dass aussergewöhnliche Phänomene auch schon früher bei Erweckungen und großen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte aufgetreten seien.
Seit dem Auftreten des „Toronto-Segens“ werden immer wieder die Väter der grossen Erweckungen wie John Wesley, George Whitefield oder Jonathan Edwards als Kronzeugen dafür herangezogen, dass Phänomene wie Umfallen, Weinen, Lachen oder unkontrollierte Körperbewegungen zu den Begleiterscheinungen des Wirkens des Heiligen Geistes gehörten.“ („Weht der Geist, wo wir wollen?“, Siegfried Grossmann, Oncken Verlag, 1995, S.90)
So widmet Guy Chevreau in seinem Buch “Der Toronto-Segen“ (Band 1, Projektion J, 1994) unter der Überschrift „In guter Gesellschaft“ fast 50 Seiten dem Erweckungsprediger Jonathan Edwards (S.63-110).
Ebenso führt Martin Benz in seinem Buch „Wenn der Geist fällt“ (Ernst Franz Verlag, 1995) Personen wie John Wesley, George Whitefield, George Fox (und die Quäker), Charles Finney, Johann Christoph Blumhardt, Evan Roberts (und die Erweckung 1904 in Wales), Teresa von Avila, William Booth (und die Heilsarmee) und Smith Wigglesworth an, um anhand der Kirchengeschichte aufzuzeigen, dass die Erweckung Zeiten durch „Übernatürliche und geist gewirkte Phänomene“ begleitet waren.“ (S.71-166)
Sowohl Guy Chevreau, wie auch Martin Benz verweisen auf John Wimber, welcher schon 1985 in seinem Buch „Vollmächtige Evangelisation“ (Projektion J, dt. 1986) einen Anhang über „Zeichen und Wunder in der Kirchengeschichte“ geschrieben hatte.
(Weitere Beispiele ähnlicher Arbeiten sind: „As at the beginning“, Michael Harper, Hodder and Stoughton, 1965/69, S.19-22; „Gottes Gaben sind für uns heute“, Aaron Linford, Verlag Johannes Fix, 1981, S.9-11 und die Bücher von Jack Deere „Überrascht von der Kraft des Heiligen Geistes“, Projektion J, 1995 und „Überrascht von der Stimme Gottes“, Projektion J, 1997).
Allgemeine Bemerkungen
1) Ich bestreite nicht, dass Gott auch heute noch Wunder wirkt und Menschen heilt. Was ich aber als falsch erachte, ist die Meinung, dass es heute noch Menschen gebe, die die Gabe der Heilung haben; dass es heute noch Propheten gebe, die im Namen Gottes reden und dass es heute noch die Gabe der Sprachenrede gebe. Ich lehne also nicht die Gnadengaben generell ab, bin aber überzeugt, dass die sog. „Zeichen- und Offenbarung Gaben" aufgehört haben. In der Kirchengeschichte wurde diese Gruppe der Gnadengaben auch „aussergewöhnliche Gnadengaben“ genannt (z.B. bei Edwards).
2) Viele der Personen (bzw. Bewegungen), die in den oben genannten Büchern als Beispiele für das Vorkommen von „Zeichen und Wundern“ angeführt werden, waren Irrlehrer (bzw. häretische Strömungen): Montanisten, Quäker, französische Propheten, Irvingianer.
3) Die Tatsache, dass während Erweckungen in der Kirchengeschichte scheinbar ähnliche Phänomene auftraten wie heute bei der „Toronto-Bewegung“, ist noch kein Beweis, dass ihr Ursprung göttlich ist.
4) Zur Zeit von Whitefield, Wesley und Edwards gab es eine Bewegung, die der heutigen Vineyard/Toronto-Bewegung ähnlich war: die sog. „Französischen Propheten“. Diese wurden aber von allen drei Erweckungspredigern abgelehnt.
5) Dass im Umfeld von Erweckungspredigern aussergewöhnliche Phänomene auftraten, heisst noch lange nicht, dass die betreffenden Prediger selbst dies bejahten. Whitefield z.B. war von Anfang an, ohne Wenn und Aber, gegen solche körperlichen Manifestationen.
6) Oft werden Aussagen zitiert, ohne darauf einzugehen, was die ursprünglichen Sprecher/Schreiber darunter verstanden oder ohne zu erwähnen, dass sie selber später in ihrem Leben eine andere Haltung zu der betreffenden Lehre einnahmen. Besonders deutlich wird letzteres bei den Tagebucheinträgen John Wesleys, der am Anfang seines Dienstes die aussergewöhnlichen Phänomene als geistgewirkt beurteilte, später aber zu einer anderen Überzeugung kam.
7) Nicht nur die Ähnlichkeit der Phänomene von damals und heute, sondern auch ihre Unterschiede müssten klar herausgearbeitet werden.
8) Die Feststellung, dass in einem charismatischen Buch auf der Suche nach kirchengeschichtlicher Unterstützung die Haltung von C.H.Spurgeon ins pure Gegenteil verfälscht wurde, hat mich sehr erschüttert und das Vertrauen in andere „kirchengeschichtliche“ Aussagen aus charismatischen Quellen nicht gerade gefördert.
Literatur:
Ausführlicher gehen folgende Bücher auf die Behauptungen der Vertreter der „Toronto-Bewegung“ betreffs geschichtlicher Vorläufer ein:
Ref.: „The Toronto Blessing: A Renewal from God?“, Volume 1: Historical Perspectives, Gary W. McHale, Canadian Christian Publications, 1995
„The Toronto Blessing: A Renewal from God?“, Volume 3: Jonathan Edwards, Michael A.G. Haykin, Canadian Christian Publications, 1995
Spezifische Bemerkungen und konkrete Beispiele
Irrlehrer als Vorbilder?!
Im Anhang zu seinem Buch „Vollmächtige Evangelisation - Zeichen und Wunder heute“ (Projektion J, 1986/87) führt John Wimber z.B. folgende Personen an, die Zeichen und Wunder erlebt oder gar gewirkt haben sollen: Gregor I (den ersten Papst), den Heiligen Franziskus von Assisi, Ignatius von Loyola (den Gründer der Jesuiten und Führer der Gegenreformation), die katholische Mystikerin Teresa von Avila, die Quäker (George Fox), die Jansenisten und als Ort, wo „bis in die Gegenwart“ Wunder geschehen, den römisch-katholischen Wallfahrtsort Lourdes! (S.153-161)
Auch Martin Benz erwähnt in seinem Buch „Wenn der Geist fällt“ als Beispiele für geist gewirkte, übernatürliche Phänomene in Erweckungszeiten u.a. George Fox (Quäker) und noch ausführlicher die Mystikerin Teresa von Avila (S.94-102 und 126-151).
Es folgen einige, unvollständige Angaben zu Personen und Bewegungen
Die Quäker (George Fox)
Die folgenden Stichworte aus der – sicher nicht anti pfingstler rischen – Zeitschrift „Reachout Trust“ zeigen, dass die Quäker nicht als bibeltreue Bewegung eingeordnet werden können:
- keine Taufe, kein Abendmahl
- “inneres Licht“
- Stille sein und warten auf Geist
- Die Bibel wird nicht als unfehlbares Wort Gottes akzeptiert
- Gott wird gesehen als die Kraft, das Licht, das in allen ist; kein Glaube an einen persönlichen liebenden Gott - Jesus Christus: ein großer Lehrer, aber nicht Immanuel (GOTT mit uns)
- Tod Christi: unnötig, da keine Notwendigkeit für Sühnopfer, da der Mensch grundsätzlich gut sei - Auferstehung Jesu: viele leugnen leibliche Auferstehung
- Mensch: grundsätzlich gut; Ausdruck von Gott in uns
Ref.: The Quakers, „Reachout Quarterly“ Issue 65, Autumn 2001, Reachout Trust, S.13+14
Katholische Mystiker/-innen
Folgende katholische Mystiker und Mystikerinnen werden in den Büchern von John Wimber und Martin Benz u.a als Vorbilder des aussergewöhnlichen Wirkens des Heiligen Geistes erwähnt: Bernhard von Clairvaux, Hildegard von Bingen, Johann vom Kreuz, Teresa von Avila, Franz von Assisi, Nikolaus von Flüe und Ignatius von Loyola.
(Ich bestreite keineswegs, dass es – vor allem auch in der röm.-kath. Kirche – sehr viele (verführerische) „Zeichen und Wunder“ gab und gibt: Heilungen mittels Reliquien und Sakramenten (z. B. der Hostie), Wundmale, Visionen, Marienerscheinungen, Levitationen (körperliches Schweben), …)
Ref.: „Die Dämonie in der Mystik“, aus: „Irrtümer der katholischen Kirche“, Otto Markmann, Lutherischer Gemeinschaftsdienst, 1976, S.57-110
„Counterfeit Miracles“, B.B.Warfield, The Banner of Truth Trust, 1918/1995
Irvingianer
„Im Jahre 1851 sprach die Frau von Thomas Carlyle in Zungen.“ („Gottes Gaben sind für heute“, Aaron Linford, Verlag Johannes Fix, 1981)
Wer war Thomas Carlyle? Er war der „Apostel“ von Norddeutschland der katholisch-apostolischen Bewegung, der Vorläufer Bewegung der heutigen Neuapostolischen Kirche. (Siehe „Geschichte der Neuapostolischen Kirche“, Verlag Friedrich Bischoff, 1987, S.66)
Johann Christoph Blumhardt
Dass Blumhardt Erfahrungen mit übernatürlichen Phänomenen hatte, ist bekannt. Die Frage ist allerdings, aus welcher Quelle diese Phänomene kamen. Seine Erfahrungen standen mit seiner Ansicht über die Austreibung von Dämonen im Zusammenhang.
„Nicht nur liess sich Blumhardt durch die dämonischen Manifestationen zu einem biblischen „Austreibungs“-Marathon verleiten; er beging auch die schwerwiegende Verfehlung, auf die Äußerungen der Dämonen zu achten und ihre Verstellungs- und Lügen Künste für die Wahrheit zu halten. Er ließ sich auf Gespräche mit angeblichen Geistern Verstorbener ein und wurde durch ihre Äußerungen dazu verführt, Verstorbene durch Gebete aus ihren angeblichen Bindungen an den Satan „loszulösen“. Ja, Blumhardt war durch den Betrug der Dämonen so verblendet, dass er einem angeblichen Totengeist auf dessen Bitten gestatten wollte, sich in seiner Kirche aufzuhalten, einem anderen gar sein Pfarrhaus als Aufenthaltsort anbot.“ („Die Charismatische Bewegung im Licht der Bibel“, Rudolf Ebertshäuser, CLV, 1995, S. 410f)
Dem möchte ich noch beifügen, dass Blumhardt an die „Allversöhnung“ glaubte und dass er auch den Verstorbenen predigte.
Ref.: „Der Geisteskampf in Möttlingen“, Johann Christoph Blumhardt, Brunnen- Verlag, 1976 „Dämonische Verstrickungen – Biblische Befreiung“, Walter Nitsche/ Benedikt Peters, Schwengeler-Verlag, 1987, S.129-136
Was man über die Erweckungsprediger John Wesley, George Whitefield und Jonathan Edwards auch noch wissen sollte
Der Glaube von Wesley
Während zu Beginn seines Dienstes „Menschen zu Boden fielen“, usw. und Wesley diese Phänomene als das Wirken Gottes ansah, entfernte er sich später immer mehr davon. (Dies wird allerdings von Benz, S.86 bestritten).
Wimber erwähnt eine Stelle aus dem Tagebuch von John Wesley von 1750 und eine Stelle aus einem Brief von 1746. Beide Zitate stammen also aus der frühen Zeit von Wesley's Wirken.
Martin Benz zitiert folgendes aus dem Tagebuch von John Wesley: „Ungefähr um 3 Uhr morgens, während wir noch fortführen mit dem inständigen Bitten, kam die Kraft Gottes mächtig über uns in der Weise, dass viele außer sich vor Freude weinten, andere fielen zu Boden.“ (Tagebuch von John Wesley, 1. Januar 1739)
Was Benz nicht erwähnt, hat Otto Riecker, Autor der Biographie über Whitefield „Ruf an alle“, (R.Brockhaus Verlag/CLV, 1962/1984) festgehalten: „Nachdem Wesley in den körperlichen Vorfällen zuerst das Wort begleitende ‚Zeichen‘ erblickt hatte, schrieb er sie schließlich dem unreinen Geiste zu…“ (Otto Riecker, „Das evangelistische Wort“, C.Bertelsmann, Gütersloh 1953, S.205; zitiert in „Die Propheten kommen!“, Wolfgang Bühne, CLV, 1995, S.230)
Und Garth Lean schreibt in seinem Buch über John Wesley bezüglich der „Phänomene“: „… Sie wurden auch immer seltener, je mehr sich die Erweckung ausbreiten.… In seinem späteren Leben fing Wesley an zu zweifeln, ob es wirklich stets Gott war, der sein Wort bekräftigt hatte und meinte, es sei wohl eher der Teufel gewesen, der Gottes Tun nachäffte oder einen letzten Versuch machte, einen Menschen festzuhalten.“ (zitiert in „Hinter den Kulissen“, Teil 1, W.Bartl, S.46)
Dies bestätigt auch folgender Ausschnitt aus Wesleys Tagebucheintrag am 2. April 1786:
„Aber obschon sie voller Liebe sind, bemüht sich Satan, viele Extravaganzen zu verleiten. Das zeigt sich an verschiedenen Beispielen:
1. Häufig beten drei oder vier, ja sogar zehn oder zwölf gleichzeitig.
2. Einige von ihnen, vielleicht sogar viele, kreischen zusammen, so laut sie können.
…
4. Mehrere fallen wie tot zu Boden und sind so steif wie ein Leichnam; nach einer Weile stehen sie auf und rufen: „Gloria, Gloria!“, vielleicht zwanzig Mal hintereinander. Gerade so verhalten sich auch die französischen Propheten (Anm.: Kamisarden, die Wesley immer als Schwärmer betrachtet hat) und kürzlich auch die „Hüpfer“ (engl. Jumpers) von Wales, welche das echte Werk Gottes in Verruf bringen.“ („John Wesley – Briefe und Tagebuch in Auswahl übersetzt“, Ernst Gassmann, 2000, S.260+261).
„Während John Wesley noch glaubte, die Manifestationen seien Zeichen göttlichen Wirkens, war sein Bruder Charles bereits vom Gegenteil überzeugt:
Donnerstag, 12. Juni 1740: Die Kraft des Herrn war in seinem Wort gegenwärtig, sowohl um zu verwunden, als auch um zu heilen. Der Feind brüllte in der Mitte der Versammlung; denn ihm und nicht dem Gott der Ordnung schreibe ich dieses schreckliche Aufschreien zu, das meine Stimme fast ertränkte und so die frohe Botschaft von den Sündern zurückhielt.“ (zitiert in „George Whitefield – Der Erwecker Englands und Amerikas“, Benedikt Peters, CLV, 1997)
Ref.: „John Wesley und die Erweckung in England“, Joshua Daniel, Telos 232, 1979
„John Wesley – Briefe und Tagebuch in Auswahl übersetzt“, Ernst Gassmann, 2000
Der Glaube von George Whitefield
George Whitefield war Calvinist. Er glaubte an einen souveränen Gott und an die Macht seines Wortes. Bei seiner Verkündigung, in der er auch zentral über die Sündhaftigkeit des Menschen und über die ewige Verdamnis sprach, wurden Menschen überführt und wurden innerlich bewegt, was sich in „Tränen, Seufzen und Stöhnen“ äussern konnte.
Wie kann man dies aber mit dem „Toronto-Segen“ in Verbindung bringen?
Ref.:
„George Whitefield“, Benedikt Peters, CLV
„George Whitefield – Ruf an alle“, Otto Riecker, R.Brockhaus /CLV, 1984
„Der Geist der Erweckung – Die grosse Erweckung und die charismatische Bewegung“, Benedikt Peters, Betanien Verlag, 2001
Der Glaube von Jonathan Edwards
Jonathan Edwards war, wie George Whitefield, der Ansicht, dass die „außergewöhnlichen Gaben“ auf die Zeit der Apostel beschränkt waren. Er war also Cessationist. Außerdem war er Calvinist.
Jonathan Edwards glaubte nicht an neue Offenbarungen und sah die Gefahr davon:
„Ein falscher Grundsatz, der sich mehr als jeder andere verhängnisvoll für das gegenwärtige glorreiche Werk Gottes herausgestellt hat, ist die Vorstellung, dass es die Weise Gottes in unseren Tagen sei, seine Heiligen durch Inspiration oder unmittelbare Offenbarungen zu leiten… So lange jemand die Vorstellung hat, er werde durch unmittelbare Steuerung vom Himmel her geleitet, macht es ihn unkorrigierbar und unangreifbar in all seinem Fehlverhalten.“ („Some Thoughts Concerning the Present Revival of Religion in New England“, S.404, zitiert in „Die Propheten kommen!“, Wolfgang Bühne, S.228, 1995)
Ref.: „The Works of Jonathan Edwards“ (2 Volumes), The Banner of Truth Trust, 1998
„Charity and its Fruits“, The Banner of Truth Trust, 1996
„Der Geist der Erweckung - Die grosse Erweckung und die charismatische Bewegung“, Benedikt Peters, Betanien, 2001
Weitere Beispiele für lückenhafte, geschichtsverfälschende Darstellungen
Evan Roberts und die Erweckung in Wales (1904)
„Was viele nicht wissen, ist, dass Evan Roberts sich mitten in der Erweckung zurückzog und später zusammen mit Penn-Lewis ein Buch mit dem Titel „Krieg gegen die Heiligen“ schrieb. Das Schlüsselwort dieses Buches ist „Verführung“. Man erlebte Manifestationen während der Erweckung, die Evan als „das Werk einer eindringenden Heerschar von bösen Geistern“ beschrieb. Die Erweckung starb auch nach kurzer Zeit völlig ab.“ („Hinter den Kulissen“, Teil 1, W.Bartl, 6. Auflage, S.49)
„Der Grund, warum Evan Roberts so stark gegen diese Manifestationen protestierte und sich schliesslich zurückzog, war, dass diese Erscheinungen bei vielen Gläubigen notvolle Folgen hervorbrachten – mitunter erst nach Jahren. Er untersuchte dies sorgfältig mit seinen Mitarbeitern, und identifizierte es vorrangig als seelisch und in etlichen Fällen als dämonisch. Als Hauptursache für das Eindringen betrügerischer Geister in die damalige Aufbruchbewegung nennt das Buch von Evan Roberts/Penn-Lewis das leichtfertige Sich-öffnen für das Übernatürliche in einer unkritisch-passiven Haltung.“ („Hinter den Kulissen“, Teil 1, W.Bartl, 6. Auflage, S.50)
Ref.: The Welsh Revival of 1904, Eifion Evans, Evangelical Press of Wales, 1969/1997 (Ich habe dieses Buch gelesen und habe keine Zweifel, dass es sich um eine echte Erweckung handelt).
R.A.Torrey
Im Buch „… auf alles Fleisch - Geschichte und Auftrag der Pfingstbewegung“ (Dynamis-Verlag, 1985) schreibt Jakob Zopfi über R.A.Torrey, dass dieser auch an eine zweite Erfahrung, an ein „getauft sein mit dem Heiligen Geist“ glaubte. Was nicht da steht, ist, was Torrey darunter verstand und dass sich Torrey (1912) klar von der unterdessen aufgekommenen Pfingstbewegung distanzierte und schrieb, dass die „Zungenbewegung“ nicht von Gott sei. („Ist die gegenwärtige Zungenbewegung von Gott?“, R.A.Torrey, abgedruckt z.B. in „Bibel und Gemeinde, Nr. 3/96, S.229-233).
Charles Finney
Finney wird heute als grosser Evangelist betrachtet, durch den Tausende zum Glauben gekommen seien. „Ein Zeitgenosse Finneys sagte:
Während Jahren wurde berichtet, jährlich hätten sich Hunderte, vielleicht sogar Tausende, tiefgreifend bekehrt. Jetzt muss aber zugegeben werden, dass sich (bei Finney) nur verhältnismässig wenige richtig bekehrt haben. Es wird
sogar von ihm selbst erklärt, „der grösste Teil von ihnen sind eine Schande für die Religion“. Als Ergebnis dieses Abfalls sind grosse, schreckliche und unzählige praktische Übel in viele Gemeinden eingedrungen.“ („Perfectionism“, B.B.Warfield, Oxford, 1932, Band 2, S.23; zitiert in „Wenn das Salz kraftlos wird“, John MacArthur, CLV, 1996, S.238)
Oder ein Zitat von Charles Finney selber:
„… wenn man die Flamme anfacht, wird es oft eine überwältigende Begeisterung in der Versammlung erzeugen, Viele werden davon überkommen werden und Menschenmassen werden bekennen sich Gott unterwerfen zu wollen, obwohl fast keiner von ihnen … am Ende als wirklich bekehrt angefunden wird.“ („Reflections on revival“, C. Finney; S. 42; zitiert in „Hinter den Kulissen“, Teil 1, W.Bartl, 6. Auflage, S.53)
Ref.:“ Wenn das Salz kraftlos wird - Die Evangelikalen im Zeitalter juckender Ohren“, John MacArthur, CLV, 1996, S.231-238
„Wie sollen wir das Evangelium verkündigen? – Ein kirchengeschichtlicher Abriss von der Reformation bis heute), Karsten Ernst, 2000, erhältlich bei P.Tschui
„A Wolf in Sheep‘s Clothing – How Charles Finney‘s Theology Ravaged the Evangelical Movement“, Philip R.Johnson, 1998
Die Unterschiede der damaligen von den heutigen Phänomenen
Dass sowohl bei Wesley, wie auch bei der „Toronto-Bewegung“ Menschen zu Boden fallen/fallen, ist richtig. Man muss aber eine ganze Reihe von wichtigen Unterschieden beachten:
a) Bei Wesley fielen Ungläubige zu Boden und nicht die Gläubigen. Sobald die Menschen gläubig wurden, hörte dies auf:
„Bei seinen Beschreibungen der Phänomene (Umfallen, Schreien, Schlagen, selten Schütteln oder Lachen) spricht John Wesley in der Regel vom Wirken des Geistes, doch ordnet er sie dem Busskampf zu. Bemerkenswert dabei ist, dass die Phänomene aufhören, sobald der Mensch zum Glauben an Jesus Christus gefunden hat!“ („John Wesleys Stellungnahme zu den körperlichen Erscheinungen in der methodistischen Aufbruchbewegung“, Walter Gaberthüel, aus der idea Dokumentation (Idea Schweiz), Nr. 149/95, S.41)
b) Sie fielen zu Boden bei der Verkündigung des Wortes Gottes, wenn sie von demselben getroffen wurden und wenn sie ihre Sündhaftigkeit und ihre Verlorenheit vor dem Heiligen Gott erkannten. Sie zitterten vor der Hölle. Sie fielen nicht um, nachdem sie eine lange, gefühlsbetonte Anbetungszeit mit „Durchbruch“ erlebt hatten. Ich habe keinen Hinweis gefunden, dass sie rückwärts umfielen wie heute.
c) Niemand legte ihnen die Hände auf. Vgl. auch 1.Tim 5,22!
d) Um wieder das Beispiel von John Wesley zu nehmen, so geschahen diese Phänomene nicht grundsätzlich bei seinen Verkündigungen, sondern nur an bestimmten Orten (z.B. in Bristol).
Fälschungen und Missbrauch am Beispiel von C.H.Spurgeon
C.H.Spurgeon kann wohl unbestritten als einer der grössten Prediger des Evangeliums bezeichnet werden. Seine Predigten und Schriften verdienen auch heute noch grosse Beachtung. Neben dem CLV Verlag, der schon über ein Dutzend seiner Bücher (wieder) herausgegeben hat, hat auch der charismatische Asaph Verlag bisher fünf Bücher mit übersetzten Spurgeon-Predigten veröffentlicht. Eines davon heisst: „Mit Wind und mit Feuer – Spurgeon über das Wirken des Heiligen Geistes“. (Asaph, 1997). Es wird dem Leser wird mit den folgenden Worten vorgestellt:
„Spurgeon war fest davon überzeugt, dass die gewaltigen geistlichen Umwälzungen, von denen die Apostelgeschichte berichtet, nur der Anfang dessen waren, was der Heilige Geist sich vorgenommen hatte. Er stellt klar, dass Pfingsten nicht der Höhepunkt der geistlichen Erfahrung der Gemeinde war, sondern vielmehr ein erster Vorgeschmack dessen, was geschehen konnte und sollte. Dabei werden die Gläubigen aufgerufen, zu empfangen und gemäss dem zu leben, was der Heilige Geist ermöglicht.“ (Asaph-Katalog 2000/2001, S. 35)
Die deutsche Übersetzung basiert auf einer „sorgfältigen Überarbeitung“ durch Lance Wubbels, Cheflektor eines amerikanischen charismatischen Verlages und übernimmt auch dessen Auslassungen und Änderungen am ursprünglichen Text von Spurgeon.
Wie durch diese Änderungen die authentische Überzeugung Spurgeons ins Gegenteil verkehrt wird, mögen drei Stellen aus der Predigt „Den Heiligen Geist empfangen“ (S. 107-122 des angegebenen Buches) zeigen. (Hervorhebungen zur besseren Erkennung der veränderten Stellen)
Asaph-Ausgabe
„Man darf nicht vergessen, dass die bleibenden Gaben des Heiligen Geistes von grösserem Wert sind als diejenigen, die vorübergehend geschenkt werden.“ (S. 108)
Gleicher Textabschnitt gemäss Übersetzung vom echten Originaltext
„Man darf nicht vergessen, dass die bleibenden Gaben des Heiligen Geistes von grösserem Wert sind als diejenigen, die vorübergehend geschenkt wurden.“
Asaph-Ausgabe
„…dass die Geistesgaben in der heutigen Gemeinde in jeder Hinsicht so wertvoll sind wie die früheren Wundertaten. (S. 109)
Gleicher Textabschnitt gemäss Übersetzung vom echten Originaltext
„…dass die Werke des Heiligen Geistes in der heutigen Gemeinde in jeder Hinsicht so wertvoll sind wie die früheren Wundertaten, welche von uns weggenommen wurden.
(der hier fettgedruckte Satzteil ist in der Asaph-Ausgabe ersatzlos weggelassen.)
Asaph-Ausgabe
„Ich möchte deshalb ernsthaft nachfragen, ob ihr diese bleibenden Geistesgaben empfangen habt, die allen Menschen heute offen stehen, durch die ihr zwar kein physikalisches Wunder vollbringen, wohl aber grössere geistliche Wunderwerke empfangen werdet.“ (S. 109)
Gleicher Textabschnitt gemäss Übersetzung vom echten Originaltext
„Ich möchte euch deshalb einschärfen, dass, wie ihr euch bestimmt fragen würdet, ob ihr die Gaben der Heilung und Wunderwirkung empfangen habt, wenn solche Gaben den Gläubigen noch heute gegeben würden, so solltet ihr euch umso mehr fragen, ob ihr die bleibenden Gaben des Geistes empfangen habt, die euch allen heute offen stehen, durch die ihr zwar kein äusserliches Wunder vollbringen, wohl aber geistliche Wunder der grösseren Art erlangen werdet.“
(fettgedruckter Einschub fehlt in der Asaph-Ausgabe).
Die Asaph-Ausgabe verleitet zur Annahme, Spurgeon rufe seine Zuhörer zur Erwartung übernatürliche Manifestationen und sog. Zeichen-und Wundergaben des Heiligen Geistes auf. Das Gegenteil ist der Fall. Er ist überzeugt, dass die aussergewöhnlichen Wunder aufgehört haben, dass aber das Wirken des Heiligen Geistes heute nicht geringer sei als das damalige. Unter Wirken des Heiligen Geistes, das in der Asaph-Ausgabe irreführenderweise mit „Geistesgaben“ übersetzt wird, versteht Spurgeon das Werk des Geistes zur Überführung von Menschen zur Busse und Bekehrung und sein veränderndes Wirken im Leben der Gläubigen.
Auch Martin Benz bringt ein Spurgeon-Zitat, das in den Ohren heutiger Leser, die die Überzeugung und Ausdrucksweise Spurgeons nicht kennen, zu Fehlschlüssen führen kann. Spurgeon spricht in dieser „Predigt über Erweckung“ über „…Enthusiasmus, der an den Heiligen Geist glaubt, der glaubt, dass Gott immer noch in seiner Gemeinde gegenwärtig ist, um Wunder zu tun“. (Benz, „Wenn der Geist fällt“, S.93)
Sicher, Spurgeon glaubte an Wunder, meinte aber damit das Wunder der Wiedergeburt. Er sprach nicht von im Geist trunkenen Menschen oder spektakulären Heilungen… (Dies gilt auch für andere Personen der Kirchengeschichte. Wenn Edwards z.B. von übernatürlichen Wundern sprach, so meinte er im allgemeinen nicht das, was heute darunter verstanden wird, sondern das übernatürliche Eingreifen des Heiligen Geistes zur Rettung der Menschen).
Als Bestätigung der Ansicht Spurgeons, dass die aussergewöhnlichen Geistesgaben in der heutigen Zeit nicht mehr zu erwarten und nicht mehr benötigt sind, hier noch einige weitere seiner Aussagen:
„Die Apostel waren Männer, die als Zeugen erwählt wurden, weil sie den Retter persönlich gesehen hatten. Sie hatten ein Amt, das notwendigerweise aussterben musste, weil auch die Wunderkräfte aufhörten.“ (Metropolitan Tabernacle Pulpit, 1871, Band 17, S.178; Übers. B.Peters)
„Er sandte sie [die Jünger] aus, sowohl um Wunder zu wirken als auch um zu predigen. Uns nun hat er diese Macht nicht gegeben, und wir verlangen auch nicht danach. … es verherrlicht Gott mehr, dass die Welt durch die Kraft der Wahrheit überwunden wird als durch den Glanz von Wundern. Die Wunder waren die grosse Glocke des Universums, die geläutet wurde, um die Aufmerksamkeit aller Menschen auf der ganzen Erde auf die Tatsache zu richten, dass das Fest des Evangeliums verbreitet wurde. "Wir heute brauchen die Glocke nicht mehr.“ (Metropolitan Tabernacle Pulpit, Band 23, S.471; Übers. A.Tschui)
„Obwohl wir die Wunder nicht erwarten dürfen und auch nicht brauchen, die mit der Gabe des Heiligen Geistes kamen, da diese physischer Natur waren, dürfen wir das sowohl begehren als auch erwarten, worauf jene Wunderkräfte hinwiesen und was sie symbolisierten: Die geistlichen Wunder, die bis zum heutigen Tag unter uns geschehen.“ (Metropolitan Tabernacle Pulpit, 1881, Band 27, S.521; Übers. B. Peters)
„Die Werke des Heilgen Geistes, die gegenwärtig der Gemeinde Gottes gewährt werden, sind in jeder Beziehung jenen früheren Wundergaben gleichwertig, welche nicht mehr unter uns sind. Das Werk des Heiligen Geistes, durch das Menschen aus ihrem geistlichen Tod auferweckt werden, ist nicht geringer als jene Macht, durch welche die Menschen damals in Zungen redeten.“ (Metropolitan Tabernacle Pulpit, 1884, Band 30, S.386f; Übers. B.P.)
Schlusswort
Benedikt Peters schreibt in seinem Buch „Der Geist der Erweckung – Die grosse Erweckung und die charismatische Bewegung“ (Betanien Verlag, 2001, S. 91+92):
„Wenn die gleiche Art von Phänomenen, die in den letzten Jahrzehnten unter verschiedenen Bezeichnungen immer wieder auftreten, mit dem Geist in Verbindung stehen sollte, der in der grossen Erweckung des 18. Jahrhunderts wirkte, dann erwarten wir ein Mindestmass an Übereinstimmung in der verkündigten Lehre, in der Art der Predigt, im Wandel und in den Früchten ihrer Arbeit. Das heisst, wir erwarten:
die Glaubenslehre, von der auch Jonathan Edwards und George Whitefield überzeugt waren den Schwerpunkt auf der Verkündigung des Wortes Gottes, der diese Männer auszeichnete den Wandel dieser Männer
die systematische und methodische Arbeitsweise dieser Männer
Von alledem ist jedoch so gut wie nichts vorhanden und vielleicht überhaupt nichts. Es wäre dann aber nicht mehr als ehrlich, wenn die betreffenden Christen sich nicht ausgerechnet auf Jonathan Edwards und George Whitefield beriefen. Sie mögen ihre Erlebnisse begründen wie sie wollen und Präzedenzfälle suchen, wo sie solche zu finden meinen. Sie dürfen ruhig die Quäker und die Shaker anführen. Das waren ihre Geistesverwandten. Aber nicht Jonathan Edwards und nicht George Whitefield. Die Charismatiker haben die Schrift gegen sich; das ist der Bezugspunkt, an dem nichts und niemand rütteln kann und das ist der Fels, an dem ihre falschen Lehren und verwerflichen Praktiken zerschellen werden. Aber sie haben auch das Zeugnis der Kirchengeschichte gegen sich.“
Auch Siegfried Grossmann, der sicher kein Anti-Charismatiker war, kam zu folgendem Schluss:
„Die Art und Weise, wie heute die Erweckungsbewegungen als Kronzeugen herangezogen werden, um eine enge Verbindung zwischen den Wirkungen des Heiligen Geistes und ausserordentlichen Phänomenen herzustellen, entspricht nicht den geschichtlichen Tatsachen.“ („Weht der Geist, wo wir wollen?“, Siegfried Grossmann, Oncken Verlag, 1995, S.92)
Patrick Tschui, Januar 2002
Hierbei handelt sich nicht um eine ausgereifte Arbeit, sondern um ein prov. Arbeitspapier.
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